Rufbereitschaft
Eine gesetzliche Definition von Rufbereitschaft gibt es nicht. Die Juristen bezeichnen Rufbereitschaft als eine Arbeitsleistung, bei welcher der Arbeitnehmer verpflichtet ist, außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit auf Abruf seine Tätigkeit alsbald aufzunehmen. Es geht um ein Bereithalten für den Arbeitseinsatz. Der Arbeitnehmer kann seinen Aufenthaltsort frei wählen, solange er ständig erreichbar ist. Unter ständiger Erreichbarkeit versteht man aber auch, dass er in angemessener Zeit, ohne zu knappe Zeitvorgaben, am betrieblichen Arbeitsplatz wie üblich zur Verfügung stehen kann.
Bloße Rufbereitschaft gilt nicht als Arbeitszeit, sondern als Ruhezeit. Nur diejenige Zeit, die der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft zur Vollarbeitsleistung herangezogen wird, gilt wieder als Arbeitszeit. Wenn die Ruhe während der Rufbereitschaft durch einen Arbeitseinsatz gestört wird, muss der Arbeitgeber im Anschluss an den Arbeitszeit wieder die eine neue ununterbrochene Ruhezeit gewähren. Ein Anruf am Sonntag führt also dazu, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen neuen arbeitsfreien Ersatzruhetag bekommt. Marginale Anrufe stellen nach Ansicht der Rechtsprechung allerdings keine nennenswerte Arbeitsleistung dar und unterbrechen die Ruhezeit nicht.
Die Unterbrechung der Ruhezeit hat zur Folge, dass eine neue ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 h eintritt. Eine Sonderregelung gilt für Krankenhäuser und andere Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen: Kürzungen der Ruhezeit durch Arbeitsleistung während der Rufbereitschaft können auch später ausgeglichen werden, wenn sie nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen haben. Erst wenn bei diesen Berufsgruppen also mehr als fünfeinhalb Stunden gearbeitet wird, hat sich die volle Ruhensperiode von 11 Stunden sofort anzuschließen.
Rufbereitschaft setzt voraus, dass der Arbeitnehmer im Zeitraum seiner Rufbereitschaft nicht ohnehin schon dienstplanmäßig oder betriebsüblich zu arbeiten hätte. Wenn die allgemeine betriebliche Arbeit wegen eines Feiertages ausfällt, der Arbeitnehmer aber Feiertagsarbeit zu leisten hätte, darf der Arbeitgeber nicht anstelle dieser Feiertagsarbeit Rufbereitschaft (mit u.U. geringerer Entlohnung) anordnen.
Rufbereitschaft muss besonders entlohnt werden. Es handelt sich um einen zusätzlichen Dienst im Rahmen des Arbeitsverhältnisses. Allerdings ist es rechtlich hinzunehmen, wenn für die Einsatzzeiten mit der damit verbundenen Vollarbeit und für die bloßen Bereitschaftszeiten eine unterschiedliche Vergütungshöhe gilt und die bloßen Bereitschaftszeiten schlechter vergütet werden.
Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Durch Rufbereitschaft wird der Arbeitnehmer in der Gestaltung seiner Freizeit eingeschränkt, weil er sich weiterhin „an der langen Leine“ befindet. In diesem Zusammenhang ist Rufbereitschaft nach der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts als Arbeitszeit anzusehen und unterliegt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
Rufbereitschaft ist nicht zu verwechseln mit Bereitschaftsdienst. Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit, weil der Arbeitgeber nicht nur den eventuellen Arbeitseinsatz sondern auch die persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb anordnet. Rufbereitschaft wird auf die gesetzliche Mindestruhezeit angerechnet, Bereitschaftsdienst auf die gesetzliche Höchstarbeitszeit.