Zur Beschäftigung verurteilt
… auch dann, wenn der Arbeitsplatz weggefallen ist und Ersatz möglich wäre. Konzerne müssen suchen.
Der Fall:
Ein Arbeitnehmer hatte am Arbeitsgericht Düsseldorf rechtskräftig erstritten, weiterhin “zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Direktor Delivery Communication & Media Solutions Deutschland und General Western Europe auf der Managerebene 3“ beschäftigt zu werden. Nach der Verurteilung gab es aber eine von der deutschen Vertragsarbeitgeberin unbeeinflusste Entscheidung im internationalen Konzernverbund, die Arbeitsbereiche international neu zu verteilen, womit der konkrete Arbeitsplatz entfiel. Der Konzern hatte eine sogenannte Matrixorganisation. Die deutsche Vertragsarbeitgeberin erhob vor dem Arbeitsgericht in Düsseldorf deswegen eine Vollstreckungsabwehrklage. Mit einer solchen Klage kann sich der Schuldner trotz seiner rechtskräftigen Verurteilung ausnahmsweise gegen ein gegen ihn erlassenes Urteil wehren, wenn sich nach der Verurteilung neue Gründe gegen den Klageanspruch ergeben haben. Sie wandte die mittlerweile eingetretene Unmöglichkeit dieser Weiterbeschäftigung ein.
Der Arbeitnehmer gewann dagegen am Arbeitsgericht Düsseldorf wieder. Auf die Berufung der Firma stellte sich das Landesarbeitsgericht Düsseldorf aber auf den Standpunkt der Arbeitgeberseite. Ein Arbeitnehmer könne die Beschäftigung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz nicht verlangen, wenn dem Arbeitgeber die Beschäftigung auf dem bisherigen Arbeitsplatz unmöglich sei. Mit dem Wegfall des Arbeitsplatzes werde die Erfüllung des Arbeitgebers unmöglich. Das gelte auch dann, wenn die bisherigen Aufgaben zwar nicht entfallen seien, sondern durch Umorganisation auf andere Bereiche verteilt werden. Man müsse die unternehmerische Entscheidung des Konzerns insoweit akzeptieren und dürfe als Gericht das nicht kontrollieren. In einem Parallelfall hatte das Hessische Landesarbeitsgericht ähnlich entschieden. Nun ging der Arbeitnehmer in die Revision und obsiegte schließlich am Bundesarbeitsgericht.
Die Entscheidung:
Die Bundesrichter meinen: Ein Arbeitgeber kann im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage nicht erfolgreich einwenden, ihm sei die Erfüllung eines rechtskräftig zuerkannten Beschäftigungsanspruchs auf einem konkreten Arbeitsplatz wegen dessen Wegfalls unmöglich, wenn er den arbeitsvertraglichen Beschäftigungsanspruch durch Zuweisung einer anderen vertragsgemäßen Tätigkeit erfüllen könnte.
Offenkundig hatte man auf der Arbeitgeberseite nicht ausreichend geprüft, ob man den Arbeitnehmer nicht anderweitig angemessen konzernweit beschäftigen konnte, selbst wenn es den Arbeitsplatz nicht mehr gibt, den er eingeklagt hatte. Die Bundesrichter beriefen sich auf einen ganz alten Grundsatz, der noch aus dem römischen Recht stammt. Die Arbeitgeberin konnte wegen des sog. Dolo-agit-Einwands nicht durchdringen. Danach verstößt gegen Treu und Glauben, wer eine Leistung verlangt, die er sofort zurückgewähren muss („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“). Durch die Nichtbeschäftigung verstieß die Firma gegen ihre Beschäftigungspflicht. Fehlendes Verschulden zu ihrer Unmöglichkeit hatte sie nicht dargelegt. Sie muss dem Arbeitnehmer deshalb sofort eine andere vertragsgemäße Beschäftigung zuweisen. Dass ihr dies nicht möglich oder zuzumuten sei, hatte sie im Prozeß nicht behauptet.
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 21. März 2018 – 10 AZR 560/16 – Pressemitteilung 17 / 18