Änderungskündigung vor Beendigungskündigung

Aber nicht in das Ausland.

Der Fall:

Eine Arbeitgeberin stellt Verbandsstoffe her, die in Tschechien produziert werden. Die Endfertigung, Verpackung und dergleichen erfolgte im Betrieb in Deutschland. Diese Produktion in Deutschland sollte nach ab dem 01.02.2012 auch in die Tschechische Republik verlagert werden. Die Firma hat entsprechend einem Gesellschafterbeschluss den deutschen Produktionsbetrieb zum 31.01.2012 stillgelegt. Die Produktionsmaschinen wurden in die seit 15 Jahren existierenden Produktionsstätte in Jaromer (Tschechische Republik) verbracht. Im Hinblick auf die Stilllegung des Produktionsbetriebes wurden die Arbeitsverhältnisse aller in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmer zum 31.01.2012 gekündigt.

Gegen die Kündigung wehrte sich eine Arbeitnehmerin mit ihrer Kündigungsschutzklage.

Sie bestreitet die Stilllegung nicht und räumt auch ein, dass das radikale Stilllegungskonzept für eine soziale Auswahl (Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltsverpflichtungen) keinen Raum lässt. Sie hält das Verhalten der Arbeitgeberin aber in hohem Maße für unsozial. Sie hat darauf verwiesen, dass sie knapp 40 Jahre im selben Betrieb gearbeitet habe. Es gehe nicht an, dass sie jetzt ohne jede Entschädigung den Betrieb verlassen müsse. Die Arbeitgeberin erwarte Gewinne und sei offenkundig nicht bereit, die die in Deutschland gekündigten Arbeitnehmer an den zu erwartenden Gewinnen teilnehmen zu lassen und ihr eine Entschädigung zu zahlen.

Die Entscheidung:

Es war zwischen den Landesarbeitsgerichten im Streit, ob bei der Verlagerung von Betrieben ins Ausland den gekündigten Arbeitnehmern ein Auslandsarbeitsverhältnis angeboten werden muss. Das Landesarbeitsgericht in Hamburg stellte sich auf diesen Standpunkt, a.A. waren aber das Landesarbeitsgericht in Düsseldorf und in Berlin-Brandenburg. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht am 29. August 2013 entschieden (Aktenzeichen 2 AZR 809/12). Es stellt sich auf den Standpunkt, dass eine Weiterbeschäftigung nur in Betrieben in der Bundesrepublik Deutschland angeboten werden muss.

Die Rüge der Arbeitnehmerin im Hinblick auf das fehlende Angebot einer Weiterbeschäftigung in Jaromer scheiterte daran, dass nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts mit einer Weiterbeschäftigung in Jaromer keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Sinne des nationalen Kündigungsschutzgesetzes gegeben sei. Im Gesetz können als „Betrieb“ nur die in der Bundesrepublik Deutschland liegenden organisatorischen Einheiten bzw. Teile eines Unternehmens angesehen werden, nicht aber auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland gelegene Betriebe. Insoweit schließt sich der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts  jetzt den Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (vom 5. Juli 2012 – 15 Sa 759/12) und Berlin-Brandenburg (vom 05.05.2011 – 5 Sa 220/11) ausdrücklich an, welche im Gegensatz zum Landesarbeitsgericht Hamburg, (Urteil vom 22.03.2011 – 1 Sa 2/11)  die Ansicht vertraten, dass das deutsche Kündigungsschutzgesetz nur auf in Deutschland gelegene Betriebe anzuwenden ist.

 

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