Kündigungsschutz in einem Orchester
Das nicht nachprüfbare Ermessen des Arbeitgebers bei betriebsbedingten Kündigungen macht ein Fall sehr deutlich, den das Bundesarbeitsgericht am 27.1.2010 entschieden hatte.
Der Fall:
Ein Symphonieorchester in Thüringen war aus dringenden wirtschaftlichen Erwägungen gezwungen, Personal abzubauen. Ein Orchester muss jedoch als Ganzes funktionsfähig bleiben, wie eigentlich jeder Betrieb. Die Arbeitgeberin traute es sich nicht zu, horizontal, beispielsweise sowohl in den Streichergruppen als auch in den Holzbläsergruppen oder etwa teilweise bei den Blechbläsern das Orchester zu verkleinern. Man hätte sich innerhalb dieser Gruppen einer künstlerisch stets angreifbaren Auswahlentscheidung ausgesetzt. Für die verbleibenden Musiker hätte die Orchesterleitung deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen besonders begründen müssen. Sie entschied sich deswegen, der gesamten Blechbläsergruppe zu kündigen und die anderen Orchestergruppen ungekündigt zu belassen, weil Blechbläser am billigsten auf dem freien Markt von Fall zu Fall für eine Produktion mit Einzelaufträgen engagiert werden können. Es blieb also nur noch ein Rumpforchester ohne Blechbläser als Betrieb.
Ein Hornist wehrte sich gegen seine Kündigung. Er war seit dem Jahr 1991 im Orchester beschäftigt und trug vor, die Besetzung eines Kammerorchesters ohne Horn bzw. Waldhorn sei unsinnig und willkürlich, weil für zahlreiche Werke der Orchestermusik das Horn essentiell sei, so könne das Stück „Peter und der Wolf“ nur noch als „Peter ohne Wolf“ aufgeführt werden.
Die Entscheidung:
Seine Klage blieb vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts – wie schon in den Vorinstanzen – ohne Erfolg. Die Verkleinerung des Orchesters erfolgte nach Ansicht der Gerichte aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Erwägungen, nachdem der Freistaat Thüringen mitgeteilt hatte, er wolle die bisher gewährten Zuwendungen erheblich kürzen. Kündigt aber ein Arbeitgeber einem Orchestermusiker, weil er das Orchester verkleinern will, so können die Arbeitsgerichte diese Entscheidung nicht auf ihre künstlerische Zweckmäßigkeit hin überprüfen. Ob eine Kündigung an musikalischen Maßstäben gemessen richtig ist, dürfen Richter nicht beurteilen. Jedenfalls war sie in diesem konkreten Fall nicht missbräuchlich und zielte nicht darauf, einzelne, etwa unliebsame, Musiker aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen.