Kündigungsfristen in Kleinbetrieben

Bei der Verkürzung der gesetzlichen Kündigungsfristen sind die Arbeitsvertragsparteien auch in Kleinbetrieben nicht gänzlich frei, meint das Hessische LAG in seiner Entscheidung vom 14.06.2010.

§ 622 BGB sieht gesetzliche Mindestkündigungsfristen vor. Für Arbeitsverhältnisse gilt eine Grundkündigungsfrist mit einer Ankündigungsfrist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eins Kalendermonats. Später verlängert sich diese Grundkündigungsfrist zwar nicht für den Arbeitnehmer, aber für den kündigenden Arbeitgeber

  1. auf einen Monat zum Ende eines Kalendermonates, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen zwei Jahre bestanden hat,
  2. auf zwei Monate zum Ende eines Kalendermonates, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen fünf Jahre bestanden hat,
  3. auf drei Monate zum Ende eines Kalendermonates, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen acht Jahre bestanden hat,
  4. auf vier Monate zum Ende eines Kalendermonates, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen zehn Jahre bestanden hat,
  5. auf fünf Monate zum Ende eines Kalendermonates, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen zwölf Jahre bestanden hat,
  6. auf sechs Monate zum Ende eines Kalendermonates, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen fünfzehn Jahre bestanden hat,
  7. auf sieben Monate zum Ende eines Kalendermonates, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen zwanzig Jahre bestanden hat.

Tarifverträge dürfen andere Kündigungsfristen vorsehen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die Anwendung dieser Tarifnormen im Arbeitsvertrag verbindlich vereinbaren, auch wenn sie nicht im Arbeitgeberverband oder in der Gewerkschaft sind. Der Tarifvertrag muss nur auf das Arbeitsverhältnis fachlich, personell und regional passen.

Dieser gesetzliche Fristenschutz sieht Ausnahmen sowohl für Vereinbarungen mit vorübergehenden Aushilfen mit einer Beschäftigungsdauer von unter drei Monaten als auch in Kleinstbetrieben vor. Als Kleinstbetrieb gilt ein Betrieb mit bis zu zwanzig Arbeitnehmern; Teilzeitbeschäftigte sind nach einem gesetzlichen Schlüssel anteilig zu berücksichtigen. Diese Ausnahme für Kleinstbetriebe akzeptiert das Hessische Landesarbeitsgericht so einfach nicht, sondern es legt die Norm neu aus.

Nach Ansicht des Hessischen Landesarbeitsgerichts gilt die vertragliche Ausnahme in Kleinstbetrieben nur für die Grundkündigungsfrist, nicht jedoch für die schrittweise Verlängerung des Bestandsschutzes von Arbeitsverhältnissen (oben 1.-7.), die länger als zwei Jahre angedauert haben. Von den verlängerten Kündigungsfristen dürfe nicht durch eine einzelvertragliche Vereinbarung abgewichen werden, sondern nur durch Tarifvertrag. Hierin liege keine Benachteiligung nicht tarifgebundener Arbeitgeber, da diese doch die Übernahme der tariflichen Regelung vereinbaren könnten. Die verlängerten Kündigungsfristen beruhen auf der Einschätzung des Gesetzgebers, dass Arbeitnehmer mit zunehmender Beschäftigungsdauer eine erhöhte soziale Schutzbedürftigkeit aufweisen. Dieser Schutzzweck würde leerlaufen, wenn hiervon durch einzelvertragliche Vereinbarung abgewichen werden könnte. Der Kritik, eher liefe die Kleinstbetriebsklausel bei dieser Auslegung leer, begegnet das Hessische Landesarbeitsgericht mit dem Argument, es verbleibe dennoch ein Anwendungsbereich, da die Norm die Vereinbarung einer vierwöchigen Kündigungsfrist ohne den festen Endtermin zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats ermöglicht.

Arbeitgeber sind mithin auch in Kleinstbetrieben an die Staffelung der Kündigungsfrist durch eine längere Dauer der Arbeitsverträge gebunden. Im Arbeitsvertrag können sie nur die Grundkündigungsfrist bis zu einer Dauer von vier Wochen abkürzen, oder eine Tarifnorm „ausleihen“, falls sie nicht sowieso tarifgebunden sind.

Nur bei den Aushilfsverträgen für die Dauer von weniger als drei Monaten, bleiben die Kündigungsfristen völlig frei; sogar eine Bindung an die Grundkündigungsfrist besteht nicht und die gestaffelte Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfristen schliesst sich logisch aus.

Ähnliche Beiträge

Aufgepasst: Fristen bei Änderungskündigungen

Publiziert am unter ,

Grundsätzliche Dinge in einem Arbeitsvertrag kann man nicht einfach durch eine Anweisung oder auf Zuruf ändern. In diesen Fällen ist eine Änderungskündigung notwendig. Das Arbeitsverhältnis muss als Ganzes gekündigt und ein neuer Arbeitsvertrag mit neuen Arbeitsvertragsbedingungen angeboten werden. Es handelt sich bei Änderungskündigungen also immer um eine Beendigungskündigung mit dem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter neuen Bedingungen.Weiterlesen