Betriebsrat und Politik
Arbeitgeber und Betriebsrat müssen zwar grundsätzlich jede parteipolitische Betätigung im Betrieb unterlassen. Hieraus folgt aber nicht, dass der Betriebsrat sich überhaupt nicht politisch äußern darf. Unzulässig ist nur die Betätigung für oder gegen eine bestimmte politische Partei oder politische Richtung. Dem Betriebsrat kann daher eine Äußerung zu Themen, die in Deutschland parteipolitisch nicht gebunden sind (hier: Irak-Krieg), regelmäßig nicht untersagt werden, urteilte das Landesarbeitsgericht in Schleswig-Holstein am 30.09.2008.
Der Fall
Der Arbeitgeber gehört zu einem Konzern mit amerikanischer Mutter. Der Konzern stellt Rüstungsgüter her, die unter anderem im Irak-Krieg zum Einsatz kamen.
- Der Betriebsrat veröffentlichte im April 2003 einen Aufruf, mit dem er die Arbeitnehmer aufforderte, eine Aktion des Europäischen Betriebsrats gegen den Irak-Krieg zu unterstützen.
- Im Oktober 2007 informierte der Betriebsrat die Belegschaft über einen Volksentscheid in der Stadt H., mit dem eine Volksabstimmung eingeführt werden sollte. Gleichzeitig forderte er die Arbeitnehmer auf, sich an diesem Volksentscheid zu beteiligen. Der Volksentscheid war parteipolitisch umstritten. Insbesondere die örtliche CDU war gegen diesen Volksentscheid.
Der Arbeitgeber sah in diesen Aktivitäten des Betriebsrats einen Verstoß gegen das Verbot parteipolitischer Betätigung. Sein Unterlassungsantrag hatte vor dem Landesarbeitsgericht nur teilweise Erfolg. Das Gericht ließ allerdings die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zu. Der Streit geht also weiter und er wird noch höchstrichterlich entschieden werden, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht anderweitig einigen sollten, was unwahrscheinlich ist.
Die Entscheidung
Der Arbeitgeber kann nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht verlangen, dass der Betriebsrat sich nicht zu Themen wie dem Irak-Krieg äußert. Der Betriebsrat muss allerdings einen Aufruf zur Beteiligung an einem Volksentscheid unterlassen.
Nach dem Betriebsverfassungsrecht müssen Arbeitgeber und Betriebsrat grundsätzlich parteipolitische Betätigungen unterlassen. Unter „parteipolitisch“ wird rechtlich jede Betätigung für oder gegen eine Partei im Sinne des Grundgesetzes und des Parteiengesetzes verstanden. Verboten ist darüber hinaus auch das Eintreten für oder gegen eine bestimmte politische Richtung. Allerdings ist die Behandlung von Angelegenheiten tarifpolitischer, sozialpolitischer, umweltpolitischer und wirtschaftlicher Art, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar betreffen, vom Verbot parteipolitischer Betätigung ausgenommen.
Nach diesen Grundsätzen handelte es sich bei den Äußerungen des Betriebsrats zum Irak-Krieg nicht um eine parteipolitische Betätigung, meinte die zuständige Kammer des Landesarbeitsgerichts. Es fehle an einem Bezug zur deutschen Politik, da die Meinungen in Deutschland zum Irak-Krieg nicht parteipolitisch gebunden waren. Im Übrigen handelt es sich hierbei auch um eine wirtschaftliche Angelegenheit, welche die Arbeitnehmer unmittelbar betraf. Weil der Arbeitgeber Teil eines amerikanischen Konzern ist, der auch für den Irak-Krieg Rüstungsgüter hergestellt hat, durfte der Betriebsrat die ethische Frage aufwerfen, ob man mit der eigenen Arbeit den Krieg unterstützen solle.
Bei dem Aufruf des Betriebsrats zur Beteiligung an dem kommunalpolitischen Volksentscheid handelte es sich allerdings um eine unzulässige parteipolitische Aktivität. Die Einführung der Volksabstimmung durch den Volksentscheid war parteipolitisch umstritten. Insbesondere die örtliche CDU hatte sich vehement gegen den Volksentscheid ausgesprochen. Durch den Aufruf zur Unterstützung des Volksentscheids hat sich der Betriebsrat gegen die von der CDU vertretenen Auffassung gewandt und sich damit im weitesten Sinn parteipolitisch betätigt.