Ein Betrieb, ein Tarifvertrag ?

Ein alter Grundsatz war schon immer im Streit und kommt wieder ins Gerede. Das Industrieverbandsprinzip funktioniert in der BRD nicht mehr richtig. Demnach war es immer nur eine fast allmächtige Gewerkschaft des DGB, welche die Tarifbindung einer ganzen Branche meist mit Flächentarifverträgen bestimmte und fast ausschliesslich die Arbeitnehmer organisierte (z.B. IG Metall; IG Bergbau,Chemie,Energie; ver.di). Der Vorteil war, dass Tarifkonkurrenzen vermieden wurden und eine Tarifpluralität so gut wie nicht vorkam. Zunehmend machen sich aber sehr aktive Spartengewerkschaften bemerkbar (Cockpit, Marburger Bund, Lokomotivführer, Fluglotsen, Kabinenpersonal) und setzen eigene Tarifverträge durch. Ähnliches gilt für Richtungsgewerkschaften (christliche Arbeitnehmer).

In der Rechtsprechung wurde ein solcher Fall der Tarifpluralität innerhalb eines Betriebes in Einzelfragen immer nach dem Prinzip der Tarifeinheit behandelt. Massgeblich ist also der Tarifvertrag von mehreren, welcher spezieller und betriebsnäher ist. Zweifellos ist diese Vorgehensweise am praktischsten, sehr klar und rechtssicher. Allerdings steht in Frage, ob das Prinzip der Tarifeinheit auch rechtmässig ist. Die überwiegende Fachliteratur sieht es als einen Verstoss gegen das Grundrecht auf (negative) Koalitionsfreiheit an, denn Arbeitnehmer würden einem Tarifvertrag unterworfen, den sie ausdrücklich durch ihre Mitgliedschaft in einer anderen Gewerkschaft nicht gewollt haben.

Das Bundesarbeitsgericht hätte am 21.3.2007 über diese wichtige Frage der Tarifeinheit in einem Unternehmen mit mehreren tariffähigen Gewerkschaften (Lufthansa) wieder entscheiden müssen. Nun hat die Arbeitgeberin die Anträge wieder zurückgenommen und das Verfahren für erledigt erklärt. Die von der Fachwelt mit Spannung erwartete Entscheidung fällt also aus und die wichtige Frage bleibt immer noch offen.

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