Aufhebungsvertrag und Sperrfrist beim Arbeitslosengeld

Eine sehr wesentliche Rechtsprechungsänderung hat das Bundessozialgericht in einer Entscheidung vom 12.7.2006 vorgenommen. Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag schliessen, war es immer kritisch, ob die Agentur für Arbeit den Arbeitnehmer nicht mit einer Sperrzeit beim Bezug des Arbeitslosengeldes für die Dauer von drei Monaten bestrafte. Aus der Sicht der Agentur für Arbeit hatte der Arbeitnehmer mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages seine Arbeitslosigkeit mutwillig zu Lasten der Sozialversicherung herbeigeführt. Einen wichtigen Grund zur vertraglichen Aufgabe der Beschäftigung mit sah die Agentur im wesentlichen nur nach einer bedingungslosen Kündigung des Arbeitgebers, wenn die Abfindung in keinem Zusammenhang mit der Kündigung stand und ein bereits gekündigtes Arbeitsverhältnis abgewickelt wurde. In der Praxis führte das dazu, das der Arbeitgeber bei einer freiwilligen Aufgabe des Arbeitsverhältnisses auch dieses Risiko des Arbeitnehmers übernehmen musste und die Abfindung um drei Monatsgehälter höher war, sofern sich das überhaupt noch rechnete.

Unter bestimmten Voraussetzungen hält das Bundessozialgericht nunmehr nicht jedesmal den Abschluss eines Aufhebungsvertrages für sperrzeitbegründend. Wenn der Arbeitnehmer der Agentur für Arbeit darlegen und beweisen kann, dass ein Abwarten der Arbeitgerkündigung unzumutbar war und er sich gegen eine bevorstehende rechtmässige Kündigung nicht mit Erfolg hätte zur Wehr setzen können und wenn die Abfindung gewisse Grenzen nicht überschreitet, liegt nach Ansicht der Bundesrichter ein wichtiger Grund zur Arbeitsplatzaufgabe vor.

Die Abfindungsgrenze sieht das Bundessozialgericht in der Höhe eines Abfindungsanspruches bei betriebsbedingten Kündigungen. Sie beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn massgebenden regelmässigen Arbeitszeit an Geld und Sachbezügen im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses zusteht. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist auf ganze Jahre aufzurunden, sobald sechs Monate des letzten Beschäftigungsjahres am Ende überschritten wurden. Diese Abfindung in den Fällen betriebsbedingter Kündigungen kann der Arbeitgeber nämlich immer mit der Kündigungserklärung unter der Bedingung anbieten, dass der Arbeitnehmer die Kündigung akzeptiert und keine Kündigungsschutzklage am Arbeitsgericht erhebt. Nach Ansicht des Bundessozialgeichtes gibt es keinen erkennbaren sachlichen Unterschied zu einem von Anfang an geschlossenen Aufhebungsvertrag. Kritisch wird die Sache wieder, wenn die Abfindung diesen Maßstab überschreitet, denn dann könnte man vermuten, dass der Arbeitnehmer seinen Kündigungsschutz doch „verkauft“ hat, es so hoffnungslos nicht war und der Arbeitgeber deswegen mit einem Bonus nachlegen musste.

  • Praxistipp: In den Fällen eines Aufhebungsvertrages müssen die alternativen Kündigungsgründe zukünftig von den Vertragspartnern dokumentiert werden und zwar so, dass es ganz klar ist, dass der Arbeitnehmer keine Erfolgsaussichten hätte, wenn er sich gegen die Kündigung wehren würde. Ein Überschreiten der obigen Abfindungsgrenzen könnte zu einem vermehrten Erklärungsbedarf führen und letztlich doch wieder dazu, dass der Arbeitnehmer eine Sperrrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld erhält, weil er die Beschäftigung freiwillig und nicht gezwungenermassen aufgegeben hat. Das Risiko einer Sperrzeit im Falle einer höheren Abfindung liegt nunmehr beim Arbeitnehmer.

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